Nach der Wahrheit wird alles besser

Berlin ist US Präsident. Wenigstens ästhetisch. Zumindest um ein oder zwei Ecken. Jedenfalls ist der Cambridge Analytica Whistleblower Zeuge eines unbestreitbaren kulturellen und modischen Einflusses Berlins auf die Trump-Kampagne. Christopher Wylie ist einer der wenigen Politik-News die es bis in die Techno-Szene geschafft haben und das völlig zurecht. Denn Botschafter eines echten Skandals ist er ja ohnehin nicht. Viel mehr als ein Verstoß gegen die Facebook “Community-Guidelines” lässt sich aus der Geschichte nicht machen (wenn man ehrlich wäre, aber wer will das schon sein).  Viel spannender ist die Frage: Wieso kamen die Cambridge-Typen mit ihrem simplen wie auch immer ge-micro-targeten Content aus zusammen geschusterten Blogs und Postings so gut bei den Wählern an?

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Ein Bundestagswahlkampf wie eine Dose Bier

Nein, Politikwerbung ist nicht das gleiche wie eine Dose Bier zu verkaufen. Als Hausmeister Jean-Remy Matt neulich im Zeit-Interview erklärte, Angela Merkel sei ein „überlegenes Produkt“, provozierte er kalkuliertes Schmunzeln. Doch gerade dieser Vergleich zwischen Merkel, Sportwagen und Biermarken hinkt. Klar, „Überlegenheit“ ist etwas relatives, wie die Sehkraft des Einäugigen unter den Blinden. Der SPD ist Merkel sicher überlegen, aber im Vergleich zu Food, Beverages und Automotive ist sie trotzdem kein Produkt. Wäre Politik ein Produkt, dann wäre es ein Produkt mit negativer Nachfrage.

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„Brexit“ – als eine Mehrheit für die Demokratie stimmte

Auf die Frage „Leave“ oder „Remain“ gab es nur eine richtige Antwort: „Remain“, eh klar. Nach dem „Leave“ wird das Wirtschaftswachstum in England und in der EU geringer ausfallen. Die Modell Schweiz oder Norwegen (Beteiligung am EU-Binnenmarkt ohne EU-Mitglied zu sein) würden für England weiterhin hohe Kosten, aber weniger Mitbestimmung bedeuten. Wir dürfen in Neukölln nicht mehr Englisch mit der hipen Barista reden. Und am aller schlimmsten, vielleicht schadet es der Champions-League.
Aber wenn es auf dies Frage „Brexit ja/nein“ selbstverständlich nur eine richtige Antwort gab und wenn selbst die Brexit-Befürworter es eigentlich auch gar nicht so ernst gemeint haben, worüber wurde dann überhaupt abgestimmt? Read More

Im Neoliberalismus hilft liberale Kulturpolitik

“Man sollte mal wieder mehr ins Theater” und ähnliche klassische Kulturprobleme akademischer Mittelschichten betreffen immer weniger Menschen. Zu behaupten, immer mehr Menschen trieben sich stattdessen auf Facebook herum, um dort bequem Chemtrails, Verschwörungstheorien und Antisemitismusproblemen nachgehen zu können, wäre vermutlich brutal kulturpessimistisch, ist vielleicht aber wahr. Noch vor einigen Jahren haben wir (Bildungsbürger) mitleidig auf jene Milieus (der Fortschrittsverlierer) geblickt, denen wir unterstellten nicht außreichend Zugang zu kulturellem Kapital zu haben (und damit meinten wir plusminus das Wiener Burgtheater). Mittlerweile bekommen wir es mit der Angst zu tun. Verschwörungstheorien und Antisemitismusprobleme werden in Österreich immerhin schon von der umfragenstärksten Partei repräsentiert (in Deutschland steht die AfD bei 10-15% und es ist immerhin Deutschland).
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Gangrape und Feminismus passen nicht zusammen

Der Bergmoneygang-Noisey-Beef brachte einen so überwältigenden Overload an postmodernem Sozialverhalten zu Tage, dass er einen komplett plätten und in Verzückung erstarren lassen konnte. Wie kann man die Konfliktparteien hier überhaupt unterscheiden? Welche Bruchlinien treten zu Tage? Man muss in diesem Fall unterscheiden, zwischen dem Konflikt Vice-Praktikantin-Antonia vs. Bergmoneygang, der sich vor allem in Private Messages und Facebook-Gruppen abgespielt hat, und dem nachfolgenden Konflikt Vice&-Vice-Agenturen-Umfeld vs. Bergmoneygang der sich vor allem im Facebook-Event einer The Gap Party, auf den Pages von Vice, Noisey, Yung Hurn und der Bergmoneygang abgespielt hat. Der zweite Streit war es, der uns mit obszönem Schaudern alle zehn Minuten die Timeline refreshen lies. Read More

Der postmoderne Martial-Arts-Wahlkampf der Grünen

Am Ende gewinnt immer die FPÖ. Ja, das Bundespräsident-Strache-Video ist sicher ein weiterer Beleg dafür, dass die Nationalisten beim Stimmenfangen vieles richtig machen. Aber mal ehrlich: Beim Mannschaftssport zu gewinnen ist nur dann eine Herausforderung, wenn sich alle darauf einigen nach sinnvollen Regeln zu spielen. Man könnte auch verlässlich mit Tittenvideos Reichweite auf Facebook bekommen – nur lässt Facebook das nicht zu. Im Grunde beweist der erwartbare Erfolg der FPÖ bei der Wien-Wahl (neben zahlreichen Nebenursachen) also vor allem eine Schwäche der Spielregeln in der österreichischen Verfassung. Es ist nicht sinnvoll definiert innerhalb welches Spektrums das Spiel „Demokratie“ in diesem Land stattfinden soll und darf.

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Neben Medienpolitik ist alles andere nur ein Wohlfühlthema | Part 1

Demokratisierte Meinungsbildung, also die echte,
lebt vor allem die Rechte

Wir können ein bisschen an parlamentarischen Geschäftsordnungen herum feilschen, das Wahlrecht oder Untersuchungsausschüsse reformieren. Alles ein spannender Zeitvertreib, es ist aber auch Kinderfasching, verglichen mit Medienpolitik. Medien sind der Ort, an dem wir ausmachen, wie mir miteinander Leben – hat glaube ich mal jemand so oder so ähnlich gesagt. Das ist uns natürlich allen klar. Wenn wir über Politik reden, dann reden wir über Medien, denn für die griechische Agora sind wir ja schon seit einer ganzen Weile zu viele Wahlberechtigte. Auf welchem Niveau wir über Reformen der Sozial-, oder Bildungssysteme diskutieren, darüber hat die Medienpolitik unserer Vorgängergeneration entschieden. Und weil die ganze Sache so beeindruckend allumfassend ist, findet Medienpolitik, wie alle wichtigen Politikfelder, kaum statt. Das will sich einfach keiner antun. Wenn dich die Qualität unserer Diskussionskultur stört, wo willst du also die Debatte darüber führen?

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Wenn wir Wähler wüssten, was wir wissen…

Schau dich auf der Straße um: Gut die Hälfte der Menschen um dich herum macht von ihrem Wahlrecht gebrauch. Darunter wählt jeder vierte eine Partei, die wechselweise aus dem Programm der NSDAP „zitiert“, oder Kriegsflüchtlinge beschimpft. Ein Viertel der österreichischen Wählerinnen und Wähler bewegt sich damit klar außerhalb des Spektrums klassisch bildungsbürgerlicher Wertvorstellungen wie „Menschenrechte“, bzw. außerhalb dessen, was seit dem Ende des zweiten Weltkriegs gemeinhin als „demokratisch“ akzeptiert wird. Das ist schade. Vielleicht wäre es vermeidbar gewesen. Jetzt ist es Fakt. Was jeder vierte wählt, lässt sich kaum noch für demokratisch unzulässig erklären.

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